Bericht

VIII. Deutsch-Polnisches Compliance Forum

Das VIII. Deutsch-Polnische Compliance Forum fand am 28. September 2017 an der Universität Warschau statt und wurde vom Viadrina Compliance Center, der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), dem Lehrstuhl für Handelsrecht an der Fakultät für Recht und Verwaltung der Universität Warschau und das Instytut Compliance veranstaltet. Fast 200 Teilnehmer folgten den insgesamt 18 Referenten aus Polen, Deutschland und Russland und diskutierten in drei verschiedenen Panels zur internationalen Compliance-Entwicklung aus der Perspektive beider Nachbarstaaten.

Keynote 1: Die Härte von Soft Law im Kontext der Verantwortung für Compliance in action in Unternehmen

Prof. dr hab. Michał Romanowski (Professor für Privatrecht an der Universität Warschau, Rechtsanwalt und Rechtsberater, Partner der Kanzlei Romanowski i Wspólnicy) eröffnete mit seiner Keynote den inhaltlichen Teil des Compliance Forums und referierte über die Wirkung von Soft Law. Dabei setzte er dieses mit „harten“, also klassischen, Rechtsnormen ins Verhältnis und zeigte unter anderem auf, welche Rolle und Vorbildfunktion beide Formen von Recht für die rechtliche Verantwortung spielen können.

Panel 1: Wie läuft der Hase – Aktuelle Compliance-Trends im In- und Ausland

Marcin Szczepański (Head of Business Development, Siemens Sp. z o.o.) moderierte das erste Panel, stellte die vier Referenten vor und übergab das Wort an Michael Kayser (Geschäftsführer, Idox Compliance). Dieser stellte die beiden ISO Standards 19600 und 37001 gegenüber, die in der Branche auf großes Interesse stoßen. Außerdem gewährte er eine Über- und Aussicht zum neuen ISO Governance Standard ISO/TC 309. Anatoly Yakorev (Direktor Center for Business Ethics and Compliance, Internationale Universität Moskau) erweiterte die Reihe der Referenten um die Sichtweise eines russischen Compliance-Experten. Seiner Meinung nach gehört das geschriebene Recht zur Grundlage von Compliance, wobei Trends dabei beachtet werden müssen, besonders von Strafverfolgungsbehörden. Tomasz Kruk (Head of Compliance, Vifor Pharma) begann mit einem Zitat von Bismarck: „Je weniger die Leute wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie!“ Ebenso soll dies für Compliance-Programme gelten, denn diese würden aus Recht Praxis machen und sollen effektiv sein. Als letzter Referent sprach sich Prof. Dr. Peter Fissenewert (Partner, Buse Heberer Fromm Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB) für den Trend zu Pro-Compliance aus, die in der BRD besonders im Rahmen von Haftungsfragen mit dem BGH-Urteil vom Mai 2017 bestätigt wurde und vorsieht, dass ein effektives Compliance-Management-System zum Zeitpunkt von Gesetzesverstößen durch Mitarbeiter eines Unternehmens zu berücksichtigen ist.

Keynote 2: Compliance ganz kulturell

Die zweite Keynote wurde von Prof. Dr. Bartosz Makowicz (Direktor, Viadrina Compliance Center, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)) vorgetragen und widmete sich der kulturellen Komponente von Compliance – angefangen mit der Entstehungsgeschichte bis hin zur aktuellen Wandlung in Richtung Integrity. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf die länderspezifischen Unterschiede und die regionalen Eigenheiten gelegt, die über Gelingen und Scheitern von Compliance-Maßnahmen entscheiden.

Panel 2: Recht + IT = Compliance? Datensicherheit und Compliance Prozess-Management – Wie setzt man effektiv IT-Tools in Compliance-Handlungen ein

Den Übergang zum zweiten Panel übernahm Andrzej Bajor (Manager, Boehringer Ingelheim), der gleichzeitig als Moderator fungierte. Richard Huber (Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS)) begann die Vortragsrunde mit einer IT-basierten Übersicht zur aktuellen Gefahrenlage, die on- und offline lauern. Dabei stellte er neben Phishing und Social Engineering den Angriffsvektor Mensch als größten Gefahrenherd hervor und unterstrich, dass Vertrauen und Aufklärung von Mitarbeitern an erster Stelle stehen sollte, um Stresssituationen zu vermeiden. Piotr Welenc (GRC Direktor, Wolters Kluwer SA) monierte die täglich etwa 450 Gesetzesänderungen in Polen, von denen 70 wichtige Änderungen des Wirtschaftsrechts seien. Daher plädierte er für Legal Tech, ohne deren Hilfe der Überblick über einschlägigen Rechtsnormen unmöglich und somit das Risk Management nicht zu meistern sei. Mit einem Einblick in die Compliance Analytics Software von EY untermauerte Wojciech Niezgodziński (Manager Risk Management, EY) die Bedeutung von IT zur Einschätzung von Compliance-Risiken und –Maßnahmen bei der Risikoanalyse. Zudem ließen sich mithilfe von Programmen zur Visualisierung und Darstellung von „trockenen Inhalten“ Mitarbeiter besser schulen, was einen weiteren Sicherheitsvorteil nach sich zöge. Als letzter Referent schloss sich Helmut Sauro (Senior Consultant, KrolLDiscovery) seinen Vorrednern an und identifizierte Mitarbeiter als größtes Risiko in Unternehmen. Daher seien zum Beispiel proaktive Compliance Audits das Werkzeug für IT-Probleme: Mit einem Einblick in Predective Coding Software können Relevanz- und Prioritätslisten von automatisierten Suchvorgängen erstellt werden, die im Rahmen von Compliance-Maßnahmen durchgeführt und Auffälligkeiten unkompliziert aufspüren.

Keynote 3: Umgang mit Hinweisen auf Non-Compliance / Hinweismanagement

Die dritte Keynote wurde von Dr. Werner Grebe (Rechtsanwalt und Mitglied des Verwaltungsrats des DICO) gehalten. Er verschaffte einen globalen Einblick über wirtschaftliche Zusammenhänge und Probleme von international agierenden Unternehmen, die etwa in Menschenrechtsproblemen bei Lieferanten münden können. Whistleblower sowie das Hinweismanagement seien deshalb gefragt. Von Letzterem sollte eine klare Kommunikation und stabile Prozesse ausgehen, um Hinweisgeber zu schützen.

Panel 3: Wir folgen einem guten Beispiel – Was können wir von den regulierten Märkten bezüglich des in Polen geforderten gesetzlichen Schutzes von Whistleblowern lernen

Anna Hlebicka-Józefowicz (Rechtsanwältin, Associate Regulierungsberatung und Compliance, Kanzlei DZP) begann als Moderatorin des letzten Panels mit einem Vortrag zum Thema Whistleblowing und den Eigenschaften eines Whistleblowers, ob diese Spitzel oder Helden seien, und unterschied dabei internes und externes Whistleblowing. Małgorzata Salitra (Abteilung für Wettbewerbsschutz beim Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz) schilderte das neue Whistleblowingprogramm des polnischen Amts für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz. Dort wurde eine Schnittstelle eingeführt, die die Zusammenführung von Meldungen über Telefon-Hotline, E-Mail und persönlichen Gesprächen ermöglicht. Marcin Gomoła (Chief Compliance Officer, T-Mobile Polska S.A.) unterstrich, dass Whistleblower die wichtigste Wissensquelle seien. Daher sollte ihr Schutz im Vordergrund stehen. Gleichzeitig warf er die kritische Frage auf, wieviel effektiven Schutz (vor psychischer/physischer Gewalt) eine Organisation (finanziell) überhaupt gewährleisten kann. Als dritter Referent kritisierte Jacek Zdziarstek (Direktor der Abteilung für die Einhaltung von Standards und Sicherheit, Raiffeisen Bank Polska), dass es eine weitere Auslegung des Begriffs des Whistleblowers gibt, als der Rechtsrahmen vorgibt. Wie komplex der Umgang mit Whistleblowern sei, zeige sich beispielsweise anhand der 1000 Meldungen, die letztes Jahr in seinem Unternehmen eingegangen sind. Dabei hob er hervor, dass nur etwa 3 davon anonym durchgeführt wurden und wie wichtig dabei die psychologische Komponente beim Umgang mit Whistleblowern sei. Marcin Waszak (Stefan Batory Stiftung) forderte als letzter Redner die Einbindung von Gewerkschaften bei der Formulierung von Gesetzen zum Schutz von Whistleblowern im Namen seiner Stiftung, die dies als Empfehlungen an das polnische Justizministerium weitergegeben hat.

Fazit

Das Forum hat bereits zum achten Mal unter Beweis gestellt, welchen Stellenwert es für den engen Austausch zwischen den beiden Nachbarländern Polen und Deutschland hat – insbesondere als Plattform für Wissenschaft, Wirtschaft und staatliche Organisationen. Lebendige Diskussionen während des Forums zeigten den hohen Bedarf an dem grenzüberschreitenden Austausch und der differenzierten Beleuchtung der Compliance-Entwicklung über die Oder hinaus. Sicherlich darf gespannt auf die rechtlichen Entwicklungen in Polen geschaut werden, insbesondere auf den Schutz von Whistleblowern. Allerdings zeigte sich panelübergreifend, dass globale Compliance-Standards, sowie der Vormarsch der IT die eigentlichen Trends ausmachen.

Alexander Matuk, LL.M.

 

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